Menschen machen Orte 4 / Ein Roter Würfel voller Kunst / GHISLA FOUNDATION IN LOCARNO

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Das Ehepaar Ghisla und die Ghisla Foundation in Locarno

Wer in Kunst und Kultur Locarno besucht, wird sicherlich als erstes an das Locarno Filmfestival denken, dass vom 1.August 2018  bis 10. August 2018 zum 71. Mal stattfindet.

Das Freilichtkino auf der Piazza von Locarno hat, wie ich finde einen besonderen Charme.
Schlechtes Timing, aber mich führt meine Schweiz Tour von Arosa kommend, wo wir unseren Erika und Klaus Mann Abend präsentiert haben, über Zuoz und das sehr malerische Calancatal  zwar nach  Locarno, aber auch  zwei Tage vor Beginn des Filmfestivals schon wieder weiter. So muss ich meinen Festivalbesuch wieder um ein weiteres Jahr verschieben!!

Wer das Locarno Festival zukünftig leitet, steht zum aktuellen Zeitpunkt Mitte August 2018 noch nicht fest. Der bisherige künstlerische Leiter, der italienisch stämmige 46 jährige Carlo Chatrian ist soeben als Nachfolger von Mister Berlinale Dieter Kosslick ernannt worden.
Chatrian wird das Festival in einer Doppelspitze leiten, er als künstlerischer Leiter, und Mariette Rissenbeek, -bisher German Films,- wird die  geschäftsführende Leitung übernehmen.

Aber wie schön, dass die Kunstliebhaberin ( moi) in Locarno trotzdem auf ihre Kosten kommen kann. Seit 2014 ist die Kunstsammlung des Sammlerehepaares Pierino und Martine Ghisla  der Öffentlichkeit zugänglich und präsentiert sich in einem roten Würfel, einem Entwurf des Locarner Architekturbüros Moro & Moro von Franco Moro. Zweimal im Jahr wechselt die Ausstellung im roten Würfel. Ab September 2018 beispielsweise präsentiert das Haus Tessiner Künstler. Im Besitz der Ghisla Foundation, einer Stiftung für moderne und Gegenwartskunst,  sind circa 250 Werke von ungefähr 190 Künstlern.

Es finden sich große Namen in der Sammlung,  wie Picasso, Botero, Keith Haring, Christo, Basquiat, James Rosenquist, Christo, Warhol, Nicki de Saint Phalle, Magritte, Miro, Uecker,  etc..

“Wir haben begonnen, Kunst zu sammeln, seit wir verheiratet sind, das sind nun 45 Jahre“, erzählt das sympathische Ehepaar, dass ich zum Gespräch in der Foundation Ghisla, -eben jenem würfelartigen Gebäude mit rotem Maschendraht ummantelt-, treffe. Die Foundation Ghisla befindet sich mitten in Locarno, direkt hinter dem Casino Locarno, fußläufig zum Bahnhof.
Zusammen mit dem künstlerischen Leiter des Hauses, Boris Croce sitzen wir im Büro und führen unsere Unterhaltung, -spontan zwischen Deutsch, Italienisch und Englisch hin und her switchend.

Das Ehepaar kennt sich schon aus Kindertagen, denn die Eltern von Martine Ghisla, Flamen bei Brüssel lebend, machten immer im Tessin Urlaub.
Und Pierino Ghisla stammt aus dem Tessin, genauer aus dem Bleniotal. So lernten sie sich schon als Kinder kennen. Aus dieser Jugendfreundschaft wurde dann irgendwann Liebe.

Pierino Ghisla leitet schon mit 18 Jahren den Obst und Gemüsehandel seines Onkels, der in Brüssel lebt.  Mit 22 Jahren übernimmt er das Geschäft und steigt in den Obst und Gemüsegroßhandel ein, und beliefert Belgiens Metropole mit mediterranem Obst und Gemüse. Der Großhandel floriert. Von Hause aus haben sie zunächst gar keine Vorgeschichte, was Kunst betrifft. Als sie heiraten, beginnt ihre Kunstleidenschaft. Sie gehen zunächst in kleine Galerien, und besuchen Auktionshäuser. Sie kaufen die ersten Werke, wie beispielsweise ein Bild der italienischen Künstlerin Leonor Fini.

“ Unsere Freunde haben ihr Geld für Urlaube ausgegeben, wir haben Kunst gekauft“, erzählt Martine Ghisla.
Und je erfolgreicher der Obst und Gemüsegroßhandel, indem auch Martine mitarbeitet, wird, desto mehr investieren die beiden in die Kunst.

“Auch wenn wir mit vielen Künstlern gut bekannt sind, haben wir immer die Regeln des Marktes befolgt, sagt Pierino Ghisla, wir haben nie beim Künstler direkt gekauft, sondern immer über die den Künstler vertretende Galerie.

Besonders stolz sind sie auf ein Werk von Basquiat, welches sie erworben haben, als noch niemand den Künstler kannte.

“Es ist uns immer um das  Kunstwerk  selbst gegangen, welches uns gefallen muss, nie nur um große Namen“ sagt Pierino Ghisla.

Anmerkung der Autorin:
Zur Orientierung: 2017 erzielte ein Werk des 1988 mit nur 27 Jahren an einer Überdosis Heroin gestorbenen Jean Michel Basquiat 110,5 Millionen Dollar bei Sotherby´s in New York!!

Sie sind auch nicht immer einer Meinung was ein Werk betrifft, erzählt Pierino Ghisla, manchmal gefällt mir ein Werk, und Martine nicht, und umgekehrt. Aber wir kaufen es dann trotzdem, auch wenn es nur einem von uns beiden gefällt. So entsteht eine große Bandbreite, was die Kunstwerke betrifft.

Auch  hätten sie nie mit Kunst gehandelt, sondern immer nur Kunst gekauft, betont er.

Natürlich haben auch sie noch Wünsche was Kunstwerke betrifft. Beispielsweise schätzen sie die Kunst von Anselm Kiefer sehr, erzählen die beiden.

“ Wir haben da ein Bild im Auge, aber, das können wir uns zur Zeit nicht leisten, und so müssen wir warten“, sagt Pierino Ghisla schmunzelnd.

Man merkt dem Ehepaar die Kunstbegeisterung an.
“Pierino hat schon immer alles Schöne geliebt, die Kunst, die Architektur, Design, Mode, Schmuck etc. berichtet Martine Ghisla.
Als ich auf Pierino Ghisla´s  Schuhe schaue, finde ich dort die Aussage bereits bestätigt.

Ihr Engagement für die Kunst, und auch den Wunsch, den Tessin stärker mit Kunst in Verbindung zu bringen, drückt sich auch darin aus, dass die Ghisla Foundation sehr engagiert ist in der Jugendbildung, und regelmäßig Schulklassen zu Besuch hat, sowie immer wieder spezielle Events ausrichtet.

Das Ehepaar, heute im Ruhestand, lebt in Brione sopra Minusio und hat eine Tochter, die wiederrum mit ihrer Familie bei Brüssel lebt.

Weitere Infos zur GHISLA FOUNDATION IN LOCARNO unter:

http://www.ghisla-art.ch/de/

 

 

  1. Sehr schöne Sammlung, welche eine Bereicherung für das Tessin ist. Als Ivo Soldini Sammlerin vermisse ich eine Skulptur von ihm, welche sehr schön zum Kubus passen würde. Herzliche Grüsse, Françoise Folletête, Bremgarten bei Bern

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